Körpersprache für Hundehalter

Kopfhaltung

Wie man Hunde mit Blicken dirigiert

Warum ein erhobenes Kinn viel souveräner macht

Ein freundlicher Blick, ein nach vorn geneigter Oberkörper, eine kleine Drehung der Hüfte – all das bemerken Hunde, und sie reagieren darauf. Vorausgesetzt, ihr Besitzer setzt seinen Körper unmissverständlich ein. Im ersten Teil dieser Serie ging es um den gezielten Einsatz der Augen – dieses Mal steht die Kopfhaltung im Fokus.

Man kann den Kopf übermütig in den Nacken werfen, ihn tief zwischen den hochgezogenen Schultern vergraben, ihn schief legen, frontal ausrichten oder seitlich wegdrehen. Dank einer Vielzahl von Muskeln sind zahlreiche Varianten möglich. Oft sind es Emotionen, die ganz unbewusst zu einer bestimmten Kopfhaltung führen. Der geplante Einsatz ist eher selten. Ihn nutzen vor allem Menschen, die psychologisch und verhaltensbiologisch geschult sind. Sie wissen, welche Kopfhaltung welche Wirkung auf die Umwelt hat. Gute Führungskräfte und auch geschickte Verkäufer beherrschen diese Form der Körpersprache oft aus dem Effeff.

Hundehalter sollten diese Fähigkeit ebenfalls nutzen. Denn eine gezielt eingesetzte Kopfhaltung unterstreicht Stimmkommandos und macht sie manchmal mit der Zeit auch völlig überfl üssig. Umgekehrt führt eine zufällige Kopfhaltung mitunter zu Missverständnissen. Vielleicht ist dem Hundehalter gerade kalt und er zieht den Kopf tief in den Mantelkragen, während er seinem Vierbeiner ein Kommando erteilt. Das eine passt nicht zum anderen. Ein aufmerksamer Hund reagiert vielleicht verwirrt und unschlüssig.

Bei Hunden spielt die Kopfhaltung eine wichtige Rolle, gerade wenn es um lebenswichtige Entscheidungen wie Rückzug oder Angriff geht. Diese Extreme kommen zwar vor allem bei wild lebenden Hunderudeln vor, dennoch sind die typischen Verhaltensweisen auch bei jedem Familienhund verankert. Auch er registriert genau, ob sein Gegenüber den Kopf exakt frontal ausrichtet oder vielleicht wegdreht. Aus dieser Beobachtung zieht er Schlüsse, die sich wiederum auf sein Verhalten auswirken.

Freundlich - die Einladung für den Hund

Ein kurzer Ausflug in die Welt hundetypischer Kopfhaltungen hilft , den Blickwinkel des Hundes besser zu verstehen. Angefangen mit dem normalen Ausdruck eines Hundes, der sich vollkommen neutral verhält: bei ihm ist der Kopf leicht angehoben. Hunde mit Stehohren richten diese interessiert auf und drehen die Öffnung nach vorn. Hängen die Ohren herab, ist immerhin ein deutliches Vorziehen der Ohrwurzel erkennbar. Ist der Hund verunsichert, senkt er den Kopf und dreht die Ohröffnung zur Seite. Bei Stehohren ist das deutlich zu sehen. Bei Schlappohren richten sich die Ohrwurzeln seitlich aus.

Vertrauen aufbauen

Beim Imponiergehabe fällt die waagerechte Ausrichtung des Kopfes auf. Die Ohrwurzeln bewegen sich nach vorn. Stehohren scheinen sich in diesem Moment sogar leicht nach vorn zu neigen. Kipp- und Schlappohren werden – soweit anatomisch möglich – am Ansatz leicht aufgerichtet. Spitzt sich die Situation zu, gelangt der Hund in die Phase des Angriff sdrohens. Nun senkt er den Kopf noch ein kleines bisschen mehr ab, bis er sich auf derselben Höhe wie der Rücken befindet.

Möchte der Hund einer Eskalation aus dem Weg gehen, dreht er seinen Kopf weg vom möglichen Gegner. Das ist eine Demutsgeste, die auch mit einer Unterbrechung des direkten Blickkontaktes einhergeht. Rollt der Hund nun auch noch auf den Rücken ab, zeigt er eine passive Unterwerfung. Es gibt auch eine aktive Form der Unterwerfung, bei der sich der Kopf des Hundes dem Gegenüber annähert. Der Hund sucht Kontakt zur Schnauze eines Artgenossen oder zu den Mundwinkeln des Menschen. Es handelt sich um eine Form des sozialen Grüssens, den Versuch, Distanz abzubauen, wobei keinerlei Machtanspruch besteht. Der Hund ist bereit, sich unterzuordnen.

einladender Blick

Nun zu den unterschiedlichen Kopfhaltungen des Hundetrainers. Angefangen mit der neutralen Position, die der des Hundes ähnelt: der Kopf ist geradeaus gerichtet. Das Kinn neigt sich weder zur Brust, noch ist es angehoben. Die Gesichtsmuskulatur ist entspannt. Der Blick wirkt ruhig. Dies ist die ideale Kopfhaltung, wenn beim Hundetraining alles so läuft , wie es soll. Es gibt keinen Grund zur Korrektur, keinen Anlass für verstärkte Forderungen und auch keinen zu überschwänglichem Lob. Diese Kopfhaltung signalisiert dem Hund, dass alles o.k. ist, und sie gibt ihm die Freiheit, sich innerhalb der aktuellen Situation frei zu bewegen. Das kann beim Beschnüff eln des Wegesrands sein, beim Erkunden des Hundeplatzes oder beim Spiel mit einem anderen Hund. Hebt der Hundetrainer den Kopf an, indem er das Kinn ein oder zwei Zentimeter weiter nach oben reckt, verändert sich seine Ausstrahlung sofort. Diese Position vermittelt Souveränität, Macht über die aktuelle Situation. Das steigert wiederum die Aufmerksamkeit des Hundes. Ihn beeindruckt das Selbstbewusstsein des Ausbilders, was wiederum die Bereitschaft, sich ihm anzuschließen, steigert.

Ein erhobener Kopf steht für den absoluten Überblick. Für die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, und den Glauben an die Richtigkeit der eigenen Entscheidungen. Sie ist somit die perfekte Kopfposition, wenn vom Hund etwas gefordert werden soll. Viele Stimmkommandos lassen sich durch gleichzeitiges Anheben des Kinns ganz wunderbar unterstreichen. Auf Menschen wirkt diese Kopfhaltung übrigens ganz ähnlich. Sie sollte jedoch mit Bedacht Einsatz finden. Ansonsten halten einen die anderen schnell für überheblich und herrschsüchtig.

Eine gesenkte Kopfhaltung, die durch das Annähern des Kinns an die Brust entsteht, wirkt völlig anders. Abhängig von der Situation signalisiert sie Nachdenklichkeit, Schuldgefühle, einen defensiven Rückzug, Unsicherheit, Demut, Unterordnungswillen, Trauer oder auch Schmerz. Hunde machen es sich bei der Deutung dieser Kopfhaltung allerdings leichter. Erfolgt sie in Kombination mit einem einladenden Stimmkommando wie 'Hier', folgen sie gerne, weil die gesenkte Kopfhaltung freundlich einladend und keinesfalls bedrohlich wirkt. Genau an diesem Punkt überschneiden sich die Deutungen: von einem Menschen mit einem gesenkten Kopf ist in der Regel kein Angriff zu erwarten. Im Gegenteil: vielleicht lässt er sich sogar manipulieren. Ob der Hund diese Möglichkeit ausnutzt oder nicht, hängt von seinem Ausbildungsstand und seinem Wesen ab. Manche probieren es, andere nicht. Der Trainer reagiert darauf ganz individuell. Bei sensibleren Hunden setzt er verstärkt defensive Körpersprache ein, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Bei dominanteren Exemplaren ist die gesenkte Kopfhaltung moderater einzusetzen. Sie wird von vierbeinigen Kraft protzen gerne als mangelndes Selbstbewusstsein gedeutet und zur Stärkung der eigenen Position schamlos ausgenutzt.

Souveränität

Wenn wir uns für einen anderen interessieren und bereit sind, ihm wohlwollende Aufmerksamkeit zu schenken, neigen wir den Kopf gerne nach rechts. Es mag Ausnahmen geben, bei den meisten Menschen ist das aber tatsächlich so. Dabei signalisiert die Kopfneigung keinesfalls Unterwürfigkeit. Sie festigt vielmehr die eigene Position, spricht aber gleichzeitig für eine von Sympathie geprägte Öffnung gegenüber anderen. Ganz klar, dass dieses Signal rein intuitiv auch gegenüber Hunden vorkommt. 'Nein, ist der niedlich!' 'Das hast du prima gemacht!' 'Feiner Kerl!' – Welche Kopfhaltung könnte besser zu diesen schmeichelnden Worten passen als die leicht nach rechts geneigte. Doch empfinden Hunde bei diesem Signal dieselben Emotionen? Es scheint so.

Jedenfalls nehmen sie lobende Worte, die von einer nach rechts geneigten Kopfhaltung begleitet werden, oft freudiger auf als das Lob eines Trainers, der das Kinn verbissen an die Brust zieht. Umso verblüffender ist es, dass wir instinktiv Zweifel und Skepsis wittern, wenn unser Gegenüber den Kopf nach links neigt. Meistens ist das tatsächlich ein Zeichen für Disharmonie. Der andere teilt unsere Meinung nicht, möchte noch mal nachhaken, benötigt weitere Informationen und Überzeugungsarbeit. Ob Hunde den Unterschied zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Kopfneigung des Hundetrainers instinktiv wahrnehmen wurde noch nie wissenschaftlich repräsentativ untersucht. Doch dass sie unterschiedlich auf diese beiden Kopfpositionen reagieren ist Fakt. Und die Erklärung hierfür liegt auf der Hand: Menschen verändern ihre Mimik und Körperhaltung, wenn in ihnen Skepsis und Zweifel aufkeimen. Sie wirken ganz anders, wenn Sympathie und Aufgeschlossenheit im Spiel sind. Da Hunde die ganzheitliche Körpersprache und auch die Stimmlage wahrnehmen, bemerken sie auch den Unterschied zwischen der links- und rechtsseitigen Kopfneigung. Eben weil beide Varianten mit einer grundverschiedenen Ausstrahlung einhergehen.

Beim Abwenden des Kopfes kann es hingegen zu grundlegenden Missverständnissen kommen. Während Hunde den Kopf abwenden, um ihr Gegenüber zu beschwichtigen und bloß keine Eskalation zu riskieren, machen wir dasselbe aus ganz anderen Beweggründen. Den Kopf wegdrehen heißt: 'Ich verachte dich. Mich interessiert überhaupt nicht, was du sagst!' Ablehnung und Desinteresse schwingen hier mit. Beides ganz und gar keine unterwürfigen Stimmungen, sondern regelrecht offensive. Den Hund erreicht allerdings eine völlig andere Botschaft, und schon ist das Missverständnis da. Beispiel: Der Hund ignoriert das Stimmkommando 'Platz'. Sein Besitzer reagiert empört und dreht verächtlich den Kopf zur Seite: 'Du lernst es nie!' Er glaubt, dem Hund damit seine Kritik für das Fehlverhalten mitgeteilt zu haben. In Wirklichkeit signalisiert er ihm jedoch Unterwürfigkeit. Aus Sicht des Hundes eine klare Sache: der Zweibeiner wollte etwas. Ich habe es nicht gemacht. Jetzt dreht er den Kopf weg, um mich zu beschwichtigen. Ich bin der Stärkere im Ring!

Kopfneigung

Bei scheuen oder extrem ängstlichen Hunden kann man das Abwenden des Kopfes gezielt einsetzen, um Druck aus der Situation zu nehmen. Für sie ist ein direkter Blickkontakt mit frontal ausgerichtetem Kopf oft einfach schon zu viel. Ihr Selbstbewusstsein wächst, wenn der Ausbilder seinen Kopf zur Seite dreht und damit zeigt, wie harmlos er ist.

Wir nutzen gerne zwei weitere Kopfhaltungen im Alltag, die beim Dialog mit dem Hund jedoch wenig hilfreich sind: den nickenden und den pendelnden Kopf. Beide Varianten sind im natürlichen Verhalten des Hundes nicht verankert. Schier unvorstellbar, dass ein Rudelchef den anderen freundlich zunickt, wenn sie sich über seine Beutereste hermachen dürfen. Wie befremdlich ist der Gedanke, er würde abwägend den Kopf von rechts nach links pendeln lassen, weil er sich doch noch nicht sicher ist, ob er noch etwas fressen will. Nicken und Kopfpendeln können Hunden allenfalls als Kunststück auf Kommando beigebracht werden. Beim täglichen Dialog miteinander spielen sie keine Rolle und sorgen höchstens für Verwirrung.

Verwirrung macht sich übrigens auch dann breit, wenn die Kopfposition des Trainers nicht der Arbeitsrichtung entspricht. Das bedeutet: wenn der Hund bei Fuß läuft und es geradeaus geht, weist auch der Blick des Hundeführers in diese Richtung. Geht es nach links oder nach rechts, gibt sein Blick den Richtungswechsel vor. Dadurch legt sich der Hund geschmeidiger in die Kurve und bleibt auch jetzt schön nah bei Fuß. Spürt er den vorausschauenden Blick des Ausbilders? Vielleicht. Sicher ist allerdings, dass sich die Körperhaltung des Trainers durch die Veränderung der Kopfposition auf die anstehende Aufgabe vorbereitet. Und diese Signale des Körpers versteht der Hund sehr deutlich.

Immer in die Richtung schauen, in die es gehen soll – das ist ein Basis-Tipp, der auch bei vielen hundesportlichen Aktivitäten für überraschende Ergebnisse sorgt. Agility-Freunde haben stets das nächste Hindernis im Blick und sprechen mit ihrem Körper dabei eine klare Sprache. Sei es Obedience, Begleithunde-Training oder einfach ein aus Spaß zusammengestellter Geschicklichkeitsparcours... Wer seine Kopfposition immer auf den Punkt ausrichtet, der als Nächstes die volle Aufmerksamkeit des Hundes fordert, ist klar im Vorteil.

Text: Gabriele Metz
Inhalte: Ramona Teschner
Fotos: W. Vorbeck

mit freundlicher Genehmigung des VDH